Reinhard Six
Die 40. Ausgabe des Ötztaler Radmarathons wurde Corona bedingt von 2020 auf heuer verschoben. Daher gab es nochmals die Möglichkeit einen der begehrten Startplätze zu ergattern und diesmal hatte ich Glück bei der Auslosung. Am 29. August war es dann soweit. Angereist sind Mario und ich bereits am Vortag, wo schon einiges an „Ötzi Flair“ aufzuschnappen war. Ein großes Themawar bei allen Teilnehmern das Wetter und die Umleitung. Aufgrund eines Felssturzes in der Vorwoche wurde die Strecke abgeändert und die Auffahrt zum Kühtai über den Haiminger Sattel umgeleitet. Das bedeuteten zusätzliche ca. 10 Kilometer und einige hundert Höhenmeter mehr. Dazu kam noch, dass die Wetterprognosen für den Start vier Grad voraussagten und es im Laufe des Vormittags zu starken Regen kommen sollte, der in den Bergen dann womöglich in Schnee übergehen würde. Was kommt da wohlauf uns zu…
Pünktlich um 6:30 Uhr ging es dann los. Es war trocken, aber kalt. Die ersten 40 Kilometer von Sölden bis Haiming ging es wie erwartet recht flott zur Sache. Die große Anzahl der Starter sorgte natürlich für viel Verkehr auf der Straße. Als erster von vier großen Anstiegen beim Ötzi gilt es das Kühtai mit ca. 20 Kilometer und 1300 Höhenmeter zu bezwingen. Mario und ich konnten etwa im gleichen Tempo hochfahren und waren recht froh, den ersten Gipfel gut überstanden zu haben.
Auf der anschließenden saukalten Abfahrt und dem Flachstück bis Innsbruck hieß es dann Kräfte sammeln für den Brenner, was uns gut gelang. Weniger einfach war es, eine gute Gruppe für die nächsten 30 Kilometer bis zur Mautstelle Brenner zu finden. Wir fanden uns schließlich doch in einer passenden Gruppe wieder und es ging in einem, für mich relativ intensiven Tempo, bergauf. Ich merkte schon wie die Kräfte schwunden und sich erste Krämpfe bemerkbar machten.
Wenige Kilometer vor dem Ende des Anstieges trennten uns dann unsere Wege, da ich mit einem Defekt zu kämpfen hatte. Mein linker Kurbelarm hat sich gelöst und so stand ich mit dem Pedal und der Kurbel am Schuh ziemlich verzweifelt neben der Strecke. War es das wirklich mit meinem ersten Ötzi? Nachdem ich wieder einen klaren Kopf bekommen hatte und mein Rad begutachtete, stellte ich fest, dass ich den Defekt selbst beheben kann. Kurbel wieder raufgesteckt, alle Schrauben auf Anschlag angeknallt und ca. 15 Minuten später ging es dann doch weiter.
Oben am Brenner wartete mein Papa (vielen Dank für deine großartige Unterstützung!) mit Verpflegung auf mich. Das tat richtig gut und ich konnte neue Energie tanken. Die nächste Herausforderung nannte sich Jaufenpass. 15 Kilometer mit 1200 Höhenmeter bergauf standen am Menüplan. Dazu kam, dass sich das Wetter überhaupt nicht, wie angesagt, entwickelte. Statt nass und kalt wurde es dann während der Auffahrt bis zu 28 Grad warm. Natürlich hätte ich nicht unpassender gekleidet sein können, mit meiner neuen Atterbiker Winterkluft. Der Anstieg war von durchgehenden Krämpfen und Hitzewallungen geprägt und es wurde richtig hart. Aber aufgeben war keine Option. Meine erhoffte Zielzeit von unter 10 Stunden war zu diesem Zeitpunkt bereits abgehakt.
Einmal noch runter und dann der letzte Gradmesser, rauf auf das Timmelsjoch. Das Schild mit 29 Kilometer und ca. 2000 Höhenmeter als Vorbote für die kommende Aufgabe war weniger motivierend. Zwei richtig harte Stunden, in denen jeder einzelne Tritt mit einem Krampf kombiniert war, wollten fast nicht enden. Irgendwann ist dann in der Ferne die Einfahrt zu einem Tunnel zu erkennen und man weiß, jetzt ist es geschafft. Bei der Ausfahrt aus dem Tunnel wurde ich dann von einem Schneegestöber begrüßt und ich hatte noch eine nasse Abfahrt bis Sölden vor mir. Dann war es geschafft. 238 Kilometer mit 5500 Höhenmeter in 11 Stunden und 2 Minuten. Die Zeit ist aber zu diesem Zeitpunkt komplett egal, einzig der Gedanke es geschafft zu haben und gesund im Ziel zu sein steht im Vordergrund.
Was für ein Erlebnis. Hart, härter, Ötzi.
Mario Steinbichler
Die Vorzeichen für den 40. Ötztaler Radmarathon standen in der Woche vor dem Rennen von Tag zu Tag schlechter. Zuerst wurde die Strecke aufgrund eines Felssturzes am Kühtai umgeleitet und somit um 15 Kilometer und 400 Höhenmeter erweitert. Damit nicht genug, auf meiner Wetter App waren Schneeflocken zu sehen.
Meinen Plan, unter 9 Std. zu finishen, konnte ich somit vergessen, also startete ich gemeinsam mit Reini ohne große Erwartungen ins Rennen.
Die Abfahrt von Sölden lief dank des Windschattens von Reini sehr entspannt. Im Anstieg über den Haimmingberg zum Kühtai kam ich gleich in Tritt und konnte meinen geplanten Wattwert gut fahren. Die Abfahrt vom Kühtai sowie das Flachstück nach Innsbruck verliefen recht entspannt. Leider kam keine anständige Gruppe für den Brenner zusammen, weshalb die Auffahrt zum Brenner eher gemütlich war und ich viele Kräfte sparen konnte.
Ab dem Brennerpass ging es für mich aufgrund eines Defekts von Reini alleine weiter. Nach kurzer Abfahrt ging es in den Anstieg zum Jaufenpass, wo es richtig gut lief, die Beine fühlten sich richtig gut an und der angepeilte Wattwert konnte problemlos bis zur Passhöhe durchgezogen werden. In der Abfahrt vom Jaufen ging ich kein Risiko ein und büsste etwas Zeit ein.
Am Teilstück von St. Leonhard bis zur Labe Schönau wurde es richtig warm und die ersten muskulären Probleme machten sich bemerkbar.
Im letzten Teilstück des Anstiegs wurden die Beine immer schlechter und ich brachte keinen Druck mehr aufs Pedal. Somit musste ich mich die letzte Stunde noch mal richtig quälen. Bei starkem Wind und leichten Schneefall fuhr ich über die Passhöhe, wo mir zwei nette Damen vom Roten Kreuz noch beim Anziehen meiner Jacke halfen. In der Abfahrt mit kurzem Gegenanstieg zur Mautstation fuhr ich wieder im Sicherheitsmodus. Die Endzeit war mir zu diesem Zeitpunkt völlig egal und ich wollte nur gesund wieder nach Hause kommen.
Widererwarten und entgegen aller Wetterprognosen kam ich tatsächlich nach 10h 5min trocken ins Ziel